Zurück - Cevennen, Drome und Jura - vom 01. - 08.05.2009
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Ein Frosch in Valleraugue
- Motorradtour in den Cevennen, den Departements Drôme und der Jura -

Eigentlich hatten Ralf, Hubert und ich uns während unserer letztjährigen Wochentour über die italienische Insel Sardinien vorgenommen, in diesem Jahr einmal das spanisch-französische Baskenland oder die französische Insel Korsika zu erkunden. Je näher unser 2009er Tourtermin aber rückte, desto mehr reifte auch die Überlegung, noch einmal die nicht ganz so weit entfernten Cevennen, einer Region im Süden des französischen Zentralmassivs, sowie die entlang der schweizer Grenze liegenden Departements Drôme und Jura näher unter die Lupe, oder besser gesagt unter die Motorradreifen zu nehmen.

Das französische Zentralmassiv hatten wir in den zurückliegenden Jahren mit dem Motorrad schon mehrmals in unterschiedlichsten Richtungen durchfahren und waren dabei jedesmal so fasziniert von der Gegend, dass wir uns damals vornahmen, "irgendwann" noch einmal intensiver hier zu touren. Und als wir vor zwei Jahren, auf der Rückfahrt von unserer Tour nach Lourdes, die ostfranzösischen Departements Drôme und Jura durchfahren hatte, waren wir auch dort von den Landschaftsbildern so fasziniert, dass wir beschlossen, nicht zum letzten Mal hier gewesen zu sein. Jetzt, 2009, wollten wir unsere Wiederholungsbesuche wahr werden lassen.

Einige Wochen vor dem Start unserer Motorradtour stellten sich bei Ralf jedoch gesundheitliche Probleme ein, die Tour für ihn infrage stellten und ihn wenige Tage vor dem Start tatsächlich auch zur Absage zwangen. Schade! Wir hatten in den vergangenen Monaten in so vielen Telefonaten geplant, uns ausgetauscht und uns gemeinsam auf die 2009er Tour gefreut, um so mehr bedauerten wir es jetzt natürlich, dass die Fahrt ohne Ralf stattfinden mußte.

Freitag (01.05.2009)
Deutschland => Frankreich
(Westhofen -
Ambérieux en Dombes)

Als ich am Freitag gegen 8.30 Uhr mit meiner BMW R 1100 RT von Westhofen in Richtung Bad Dürkheim fuhr, um dort Hubert abzuholen, war es neblig und noch ziemlich frisch draußen.

Abfahrt in Westhofen

Je näher ich dem etwa 50 km entfernten Bad Dürkheim kam, desto mehr konnte sich allerdings die Sonne durchsetzen und der Nebel lichtete sich zusehends. Wettermäßig war unsere Motorradtour in diesem Jahr jedenfalls schonmal vielversprechend: Die einschlägigen Prognosen für unsere französischen Zielgebiete lauteten für die bevorstehende Reisewoche auf "sommerliches Wetter". Jetzt hofften wir natürlich, dass die Wettermänner recht behalten würden! Am Abfahrtstag schien das schonmal so zu sein - inzwischen hatten wir strahlenden Sonnenschein und mit fortschreitender Stunde wurde es immer wärmer.

Um unserem Tourengebiet rascher näher zu kommen, gestalteten wir die Anreise an unserem ersten Reisetag vornehmlich über Hauptverkehrsstraßen. So folgten wir zunächst der Autobahn 65 über Landau bis zur Abschlussstelle Kandel-Süd. Von hier ging es über ein kurzes Stück der Bundesstraße 9 zum Grenzübergang Lauterbourg und auf der französischen A 35 weiter in Richtung Süden bis nach Straßbourg, wo wir die Autobahn verließen. Über die Nationalstraße 83 erreichten wir am späten Vormittag das Städtchen Colmar im Département Haut-Rhin.

Weiter der N 83 folgend, ging es von hier weiter südwestlich zur Stadt Belfort, die u.a. durch ihre mächtige Zitadelle bekannt ist. Von Belfort fuhren wir wieder ein kurzes Stück auf der Autobahn 35 bis nach Besancon und rollten ab dort wieder auf der N 83 steil südlich. Vorbei an Quingey, Arbois und Poligny, unterbrochen von dem einen oder anderen "Snack-Stop", erreichten wir am späten Nachmittag den Hauptort des Departements Jura, Lons-le-Saunier.

Snack-Stop...
... und weiter geht´s

Um etwas Zeit zu sparen, begaben wir uns nach Lons nochmal kurz auf die Autobahn: Die A 39 brachte uns, vorbei an Bourg-en-Bresse, 70 km weiter nach Süden, in das kleine Örtchen Certines. Hier folgten wir der schmalen D 60 über Lent und Servas bis zur N 83 und erreichten über St-Paul-de-Varax (hier erblickte der 59.000ste Kilometer an Hubis BMW das Licht der Welt), die Gemeinde Ambérieux en Dombes.

Inzwischen war es schon 18 Uhr geworden und so beschlossen wir, dem am Ortseingang von Ambérieux en Dombes befindlichen Werbeschild zum Hotel "La Roseraie" zu folgen. Wenn es nicht schon so spät gewesen wäre, unser Hunger nicht so groß und die Lust zur Weiterfahrt dementsprechend klein gewesen wäre, hätten wir uns sicher noch nach einem anderen Hotel umgeschaut. Einladend wirkte "La Roseraie", eine Mischung aus Tabakladen, Eckkneipe und Zimmervermietung nicht gerade, aber nachdem wir unser Zimmer bezogen, den Schweiß der Tagesetappe weggeduscht und am Tresen das erste Bier in Empfang genommen hatten, waren alle Bedenken schnell beiseite gewischt. Die Wirtsleute waren freundlich und die uns umgebenden, ortsansässigen Stammgäste fanden es anscheinend interessant, dass sich zwei deutsche Biker in "ihre" Hinterlandkneipe verirrt hatten. Ungeniert bandelten sie mit uns Gespräche an und stellten allerlei Fragen. Ein wenig französisch, ein wenig englisch, noch weniger deutsch und gaaaanz viel Zeichensprache, brachte unsere Konversation überraschend voran und am Ende wußte jeder von jedem was es so zu wissen gab. Wie habe ich doch euphorisch gesagt, als ich zwischendrin mal kurz mit meiner daheimgebliebenen Frau telefonierte: "Das ist hier echt klasse! Sowas kannst Du nirgendwo buchen!"

Hotel "La Roseraie"...
... mit Motorradparkplatz im Hof
Hubi an der Bar
deutsch-französische Freundschaft

Aufmerksamerweise hatte der Sohn der Wirtsleute schon gleich bei unserer Ankunft in der benachbarten Pizzeria einen Tisch für uns zum Abendessen reserviert. Zuerst hatten wir uns etwas gewundert, dass er in der eher einfach wirkenden Pizzeria für uns "reservieren" wollte. Daß sein Vorschlag aber gut war, merkten wir, als wir uns dort um 19.30 Uhr mit einem riesen Appetit an einem Tisch niederliesen: Das Lokal füllte sich binnen einer halben Stunde bis auf den letzten Platz und als wir später unsere Pizzas erhielten, ahnten wir, warum das wohl so war: Die Pizza war nicht nur gut, sondern ragte dazu auch noch überdimensional über den Tellerrand hinaus. Der Pizzabäcker war scheinbar bekannt für große Portionen...

   Die Pizza für den großen Hunger

Gegen 22 Uhr wackelten wir zurück ins Hotel. Zeitweilig begleitet von seltsamen Sägegeräuschen, deren Ursprung irgendwo in unserem Zimmer liegen mußte, schlief ich nach dem ausgefüllten Tag (oder war es das Bier?) wie ein Murmeltier..

Samstag (02.05.2009)
Ambérieux en Dombes =>
Valleraugue / Cevennen

Am Tag 2 unserer Reise setzten wir unsere BMWs bereits um 9 Uhr wieder in Bewegung und machten uns bei blauem Himmel auf den Weg ins nahegelegene Villefranche sur Saone (Departement Côte-d'Or). Die Stadt verdient als Weinhauptstadt der Region eigentlich einen längeren Besuch, denn es gibt dort, ähnlich wie in Lyon, ganz viele kleine Cafes, in denen man aus den traditionellen "Pots" den Beaujolais trinkt. Um uns im Straßengewirr von Villefranche nicht zu verlieren, zogen wir es aber vor, die Stadt auf der Autobahn zu umfahren. Wir verließen die Bahn wieder nach wenigen Kilomentern in Höhe Limonest und bewegten uns jetzt nur noch über kleine Departementstraßen gen Süden. Entlang der D 489 machten wir in Vaugneray auf einem Wochenmarkt Station. Ein Tarte de Jambon (Tortelette mit Schinken) später fuhren wir durch ungezählte Kurven bis St-Symphorien-Sur-Coise und weiter auf der D 3 bis kurz vor St-Etienne. Die Stadt umfuhren wir auf der autobahnähnlich ausgebauten N 88 und kamen so am frühen Nachmittag am östlichen Rand des Massif Central an.

Wochenmarktbesuch in Vaugneray und danach
Weiterfahrt Richtung St-Etienne mit Hubis Salami-Taktik

   

   

Südöstlich von St-Etienne, im Städtchen Firminy, wurde die N 88 wieder zweispurig und führte uns auf einer ständigen Höhe von etwa 800 - 1000 m in teilweise weit geschwungenen Kurven in das 70 Kilometer südwestlich gelegene Le Puy-en-Valey. Die denkmalgeschützte Stadt in der Auvergne ist unter anderem wegen ihrer roten Marienstatue und der schwarzen Felsen bekannt. Die bekanntesten Botschafter Le Puys allerdings sind grün, rund und reich an Vitaminen: die Linsen (Lentilles)! Nun ja, Linsen haben wir in Le Puy nicht gegessen, wohl aber einen Kaffee getrunken und unseren BMWs eine frische Tankfüllung gegönnt.

Kaffeepause in Le Puy

Die N 88 brachte uns weiter über eine karge Hochebene, begleitet von heftigem Seitenwind in das auf 1100 m gelegene Pradelles, am Schnittpunkt der Départements Haute-Loire, Lozère und Ardèche. Das nur knapp 600 Einwohner zählende Dörfchen ist Ziel vieler Wanderer. Mit seinen alten Gebäuden wirkt es rauh und urprünglich und seine herrlich verwinkelten Gassen luden dazu ein, einmal mit dem Motorrad erkundet zu werden. Es hat Spaß gemacht, empfiehlt sich allerdings nur für halbwegs wendige Maschinen und geübte Fahrer! Nach einem Café ou Lait auf dem Marktplatz passierten wir auf der N 88 Langogne und bogen dann nach links auf die kurvige D 908 über Villefort nach Génolhac ab. Die Schönheit der Landschaft entlang des Flusses Chassezac ließ uns gemächlich fahren und natürlich legten wir nicht nur einen Stopp am Lac de Villefort ein, sondern genossen auch die Aussicht vom Belvedere du Chassezac, nördlich von Villefort. Von hier konnten wir die tief unter uns liegende, eindrucksvolle Schlucht bestaunen. Empfehlenswert!

HPK auf dem Weg zum...
... Lac de Villefort
Am Belvedere du Chassezac

Bei Génolhac zweigten wir nach Westen auf die D 998 in Richtung Florac ab. Entlang des Oberlaufs des Flusses Tarn, passierten wir auf einer kaum 3 Meter breiten Straße das am Südhang des Mont Lozére (1699 m) gelegene Dorf Le-Point-de-Montvert. Die sehr geringe Straßenbreite und die vielen Kurven bremsten uns dermaßen aus, dass wir erst kurz nach 17 Uhr in Florac eintrafen. Eigentlich hatten wir um diese Zeit schon längst in unserer vorausgebuchten Unterkunft sein wollen...

"...dann braucht ihr jetzt noch etwa 1,5 - 2 Stunden bis zu uns", sagte Uwe, der Hausherr unserer Unterkunft "La Grenouille" in Valleraugue, als ihn Hubert von Florac aus anrief. Wir wunderten uns über die veranschlagte Zeit für gerade mal rund 60 km, aber die anschließenden Berg- und Talfahrten auf der D 996, D 18 und D 986 über den Col de Perjuret (1031 m), den Mont Aigoual (1567 m) und den Col de la Seyrede (1300 m) bis nach Valleraugue ließen Uwe recht behalten: Erst kurz vor 19 Uhr parkten wir unsere Mopeds vor dem "La Grenouille" - puhh, war das nochmal ein Ritt zum Tagesabschluss!

"La Grenouille"

"La Grenuille" ("der Frosch") ist eine 1750 erbaute Poststation am Südausläufer des Naturparks der Cevennen, die erst vor etwa 2 Jahren von den beiden Deutschen Uwe Hertel und Sabine Schöneberg gekauft und viel Engagement in ein auf Motorradfahrer spezialisiertes Gästehaus umgebaut wurde. Das Haus liegt etwa 1,5 km außerhalb des Dorfes Valleraugue und Dank der guten Anfahrtsbeschreibung auf der hauseigenen Website, hatten wir auch keinerlei Mühe, es sofort zu finden. Die Unterkunft hatten wir schon vor unserer Tour über die Website von Tourenfahrer.de ausgewählt - sie war dort in der Empfehlungsliste der Motorradhotels enthalten - zu recht, wie wir uns im Laufe unseres 4-tägigen Aufenthaltes überzeugen konnten.

Sabine und Uwe erwarteten uns bereits und zur Begrüßung spendierten sie uns erst einmal ein kühles Bierchen - und für den Hubi einen Wein :-). Der "Check-in" lief eigentlich mehr beiläufig ab, zwischen herzlicher Begrüßung der Hausherren und unseren Erzählungen über die Anreise.

Begrüßungstrunk (v.l.: Hausherr Uwe, Hubert, HP)

Irgendwann zwischen dem ersten und zweiten Bier schoben wir dann mit Uwe unsere Motorräder in die Garage. Danach bezogen wir unsere geräumigen Zimmer und eine Dusche später saßen wir schon bei dem inzwischen von Sabine zubereiteten Abendessen am großen Tisch im Foyer des Hauses.

Wir waren nicht die einzigen Gäste.. Außer uns beherbergte "La Grenouille" noch zwei Familien aus dem Rheinland: Arbeitskollegen von Uwe, die das verlängerte Wochenende über den 1. Mai für eine Stippvisite mit Ryan-Air in Südrankreich genutzt hatten. Wohl dem, der einen Kollegen wie Uwe hat, der über ein Gästehaus in Südfrankreich verfügt ;-)

Das von Sabine gezauberte 3-Gang-Menü begann mit einer Tarte d´ Poireau (Lauch-Kuchen), danach gab es Nudelauflauf mit Lammfleisch und überbackenem Käse und als Nachtisch Erdbeeren, Eis und Sahne. Prima geschmeckt hat´s - und wenn einer bei den Portionen, die da auf dem Tisch standen, nicht satt geworden wäre - er wäre selbst schuld gewesen!

Unsere lange Tagesetappe, das gute Essen und der süffige Rotwein forderten - trotz der illustren Erzählrunde - gegen 23.00 Uhr ihren Tribut und die Müdigkeit zwang mich eine Etage höher in die Horizontale...

Sonntag (03.05.2009)
Valleraugue / Tagestour in den Cevennen
(Gorges de la Vis / Cirques de Navacelles)

Am Sonntag früh saßen wir alle um 08.30 Uhr schon wieder am reichlich gedeckten Frühstückstisch und bevor Hubi und ich etwa 1 Stunde später zu unserer ersten Tagestour durch die Cevennen aufbrachen, erhielten wir von Uwe anhand einer großen, regionalen Landkarte nützliche Routenempfehlungen für den Tag.

Zuerst betankten wir unsere Maschinen noch an der kleinen, sonntags vormittags geöffneten Tankstelle im nahegelegenen Valleraugue. Dies war uns wichtig, weil man dort noch direkt beim Tankwart bezahlen konnte: Im Verlauf unserer Anreise am Maifeiertag hatten wir nämlich die Erfahrung gemacht, dass französische Tankstellen an Sonn- und Feiertagen in der Regel nicht personell besetzt sind und ein Tanken nur per Kredit- oder EC-Karte an Automaten möglich ist. Unsere deutschen Maestro-Karten wurden allerdings nur selten von diesen Automaten akzeptiert... Auch Uwe hatte uns vor dem heutigen Tourstart vorsorglich nochmal auf diese Besonderheit hingewiesen, damit wir unterwegs nicht wegen eines Benzinmangels Probleme bekommen würden.

Frühstück im "La Grenouille"

   
   
Gang zur Garage...
Motorräder holen...
...Tanken und Fahrt nach Ganges

Dem Tourentipp unseres Gastgebers folgend, steuerten wir unsere Motorräder auf der D 986, entlang des Flusses L´Herault, bis Pont d´Herault und über die D 999 nach Ganges. Hier zweigte die D 25 durch das Gorges de la Vis ab. Wunderschön schlängelte sich die kleine Straße nach Westen, immer entlang des Flüsschens Vis, das dem Gebirgseinschnitt seinen Namen verlieh. Viel zu faszinierend war alles anzusehen, dass es eine Sünde gewesen wäre, wenn man den Verlockungen der vielen Kurven erlegen und schneller gefahren wäre. Also rollten wir gemächlich dahin und sogen die Landschaft in uns auf - häufig unterbrochen von einem Fotostopp.

Unterwegs im Gorges de la Vis

Hinter dem Örtchen Madières stieg die D 25 in Serpentinen steil bergauf und gewährte uns unterwegs immer wieder faszinierende Blicke hinunter in das Gorges de la Vis. Am Ende des Anstieges - wir dürften inzwischen etwa 600 m hoch gewesen sein - nahmen wir den Abzweig auf die schmale und holprige D 130. Diese führte uns nordwärts zum Aussichtspunkt La Baume-Auriol, oberhalb des spektakulären Cirque de Navacelles, einem Canyon in dem tief unten der Fluss Vis in längst vergangenen Zeiten seine Windungen in die Berge geschnitten hatte. Wind und Regen hatten ein übriges getan und die schroffen Felsen so bearbeitet, dass sie einen riesigen Talkessel, ähnlich eines Kraters, formten.

   
   
   
   

Wir genossen den unbeschreiblichen Ausblick etwa eine Stunde lang, bevor wir unsere Fahrt - jetzt steil hinunter in eben diesen Talkessel - fortsetzten. Kaum unten angekommen, wand sich die Straße wieder bergauf und führte uns ins Dörfchen Blandas.

Abfahrt in den Talkessel des Cirque des Navacelles ...
... vorbei an der "Hubertus-Statue" ...
... und wieder bergauf nach Blandas.

Von hier fuhren wir auf der D 113 weiter nach Montdardier und schließlich auf der sich windenden D 48 steil nördlich bis Le Vigan, wo wir uns erst einmal einen Kaffee gönnten und dabei die Faszination dieser unbeschreiblichen Gegend setzen ließen. Durch Kurven, Kurven und nochmehr Kurven trugen uns unsere BMWs weiter auf der D 48 hinauf zum Col de Minièr (1264 m) und weiter zum Col de la Sereyrède (1300 m), bevor die D 986 wieder hinunter auf rund 300 m in "unser" Tal und entlang des L´Herault bis nach Valleraugue führte. Whow, was für eine eindrucksvolle Tour - dabei waren wir gerade mal nur 200 km gefahren. Gut, dass wir Uwe´s Anregungen vom Vormittag gefolgt waren! Genau das machte letztlich auch den Unterschied zwischen einer Unterkunft in einem "normalen" Hotel und einem "Motorradhotel" aus, in dem die ortskundigen Gastgeber selbst erfahrene Biker sind und ihre Gäste mit passgenauen Tourentipps versorgen. Das war auch der Grund, uns während des Cevennen-Aufenthaltes im "La Grenouille" einzumieten!

In Valleraugue ließen wir uns noch kurz in einem kleinen Café am L´Herault nieder, bevor wir gegen 17 Uhr ins "La Grenouille" zurück fuhren. Die Einkehr in dem Lokal hätten wir uns eigentlich sparen können, denn bei unserer Rückkehr wurden wir auch von der um unser Wohl bemühten Sabine mit einem Kaffee empfangen. Uwe befand sich derweil auf der Rückfahrt von Montpellier. Er hatte am Nachmittag seine übrigen Gäste zum dortigen Flughafen gefahren - ihr Kurzurlaub war heute zu Ende gegangen.

Café in Valleraugue, direkt am L`Herault

Zum Abendessen ließen wir uns überbackene Auberginen, Zwiebelkottlett mit Knödeln, sowie Früchtequark zum Dessert schmecken. Danach gab´s lecker Rotwein und reichlich Gesprächsstoff mit Sabine und Uwe, der als technikbegeisterter Ingenieur, Motorradfahrer und "Schrauber seit Studentenzeiten" bereits beeindruckende 500.000 Kilometer auf zwei Rädern zurückgelegt hat. Entsprechend kurzweilig war es, wenn er so manch guten Tipp aus seinem Wissensschatz weitergab. Natürlich haben wir nicht nur technische Gespräche geführt - zumal ich, als bekennender "Nichtschrauber", da auch nur in geringem Maße mithalten konnte. Wir hatten an dem netten Abend vielerlei interessante Themen und Lebensgeschichten zu diskutieren und als ich kurz nach 23 Uhr den deutlichen Ruf meines Bettes vernahm, hatten wir gerade einen Vergleich zwischen dem französischen und dem deutschen Sozialsystem abgeschlossen...

Montag (04.05.2009)
Valleraugue / Tagestour in den Cevennen
(Gorges de la Jonte / Gorges du Tarn /
Corniche de Cevennes)

Montag, 04. Mai 2009: Zur heutigen Tour verließen wir Valleraugue auf der D 986 in Richtung Westen und kletterten die Serpentinen zum Col de la Sereyrede, welche wir gestern nachmittag erst abwärts gefahren waren, bergauf. Mit der Sonne im Rücken fuhren wir auf der D 986 noch knapp 30 km Kurven bis Meyrueis und bogen dort - wieder den morgendlichen Tipps von Uwe folgend - in das Gorges de la Jonte ein. Der wunderschöne Taleinschnitt, in dem der am nahen Mont-Aigoual entspringende Fluss Jonte seine Bahn zieht, fasziniert durch seine steil empor steigenden, von Wind und Regen glatt geschliffenen, rötlich schimmernden Felswände und -nadeln. Dabei führt die Straße oberhalb des Jonte am Berghang entlang und lädt nach nahezu jeder Windung zum Anhalten und Fotografieren ein.

Fahrt durch das Tal des Jonte

Als wir gegen Mittag Peyreleau und damit auch das Ende des Jonte-Tals erreicht hatten, stoppten wir an einem kleinen Laden und beluden unser Topcases mit Baguette, Wurst und Käse, bevor wir auf die D 907 und damit in die bekannte Tarn-Schlucht (Gorges du Tarn) einbogen. Bei unserer Einfahrt in die imposante Schlucht sahen wir, dass sich in unserer Fahrtrichtung - aber noch weit entfernt - dunkle Wolken über den Bergen zusammen ballten und wir hofften, nach den bisher ausnahmslos schönen Tagen jetzt nicht doch noch vom Regen überrascht zu werden. Ausgerechnet heute hatte Hubert für die Tour auf die Mitnahme seiner Regenschutzkleidung verzichtet.

Das Wetter hielt - zumindest bis wir unsere Mittagsrast zu Ende gebracht hatten. Wir hatten sie an einer Kanustation, direkt am Ufer des Tarn eingelegt und dabei unsere leckeren Einkäufe verzehrt. Schon kurz nach unserer Weiterfahrt in Richtung Osten (und damit in Richtung Regenwolke) fing es dann leicht zu tröpfeln an. Allerdings hielt sich das Ganze so sehr in Grenzen, dass man von "Regen" nicht wirklich sprechen kann. Vielmehr waren die Tropfen, kaum dass sie das Visier meines Helmes erreicht hatten, auch schon wieder im Fahrtwind getrocknet. Trotzdem wäre es natürlich schöner gewesen, wenn statt der dunklen Wolken die Sonne die prächtige Landschaft in Szene gesetzt hätte.

Entlang des Flusses Tarn durch die Tarnschlucht

Unsere flußaufwärts des Tarn unterbrachen wir noch einmal in Ste-Enimie und beguckten von der Terrasse des Straßencafés "Chez Leon" die herrliche Kulisse des malerischen Touristenörtchens. Schließlich ist das Dorf als eines der "Plus beaux villages de France", also eines der schönsten Dörfer Frankreichs klassifiziert. Gleichzeitig ist Ste-Enimie auch ein zentraler Ort für den Kanutourismus auf dem Tarn.

Halt in Ste-Enimie

Bei unserer weiteren Fahrt durch die Schlucht machten wir noch zahlreiche Fotostopps. Besonders hatte es uns dabei die Bilderbuchkulisse des Örtchens Saint-Chely-du-Tarn angetan. Schließlich erreichten wir am Zusammenfluss des oberen Tarn und des Tarnon den rund 2000 Einwohner zählenden Ort Florac und damit den Ausgang der 40 km langen Tarnschlucht.

Inzwischen war der Himmel aufgerissen und die Sonne lugte wieder brav zwischen den Wolken hindurch. Unsere Rückfahrt nach Valleraugue wollten wir jetzt über die Corniche de Cevennes antreten, eine kurvenreiche, aber gut ausgebaute Straße zwischen Florac und Saint Jean du Gard. Also bogen wir in Florac von der N 106 nach rechts auf die D 907 ein, von welcher dann nach etwa 5 Kilometern die kurvig und steil bis auf etwa 800 m bergauf führende D 9, die eigentliche Corniche de Cevennes (hier ein Video), abzweigt. Hat man den Aufstieg hinter sich, schlängelt sich die D 9 in südöstliche Richtung über ein Hochplateau. Allerdings fuhren wir die Corniche nicht komplett bis Saint Jean du Gard, sondern bogen in Pompidou nach rechts in Richtung St-André-de-Valborgne ab. In Anbetracht der inzwischen schon etwas fortgeschrittenen Zeit wollten wir auf diese Weise unseren Weg nach Valleraugue abkürzen. Jetzt aber fuhren wir auf einer 2,5 Meter breiten Straße, die uns nur langsam vorankommen ließ und uns erhöhte Konzentration beim Fahren abforderte.

Einfahrt in die Corniche des Cevennes

oben: ein Pferd (das hinter dem Zaun!)

rechts: Hubertus-Statue am Wegesrand

  

Ab St.-André-de-Valborgne folgten wir dem Flüsschen Gardon-de-St-Jean bis Saumane und weiter nach L´Estrechure. Dort bogen wir südlich zum Col de l´Asclier ein und fuhren jetzt auf der manchmal kaum 2 Meter breiten, einsamen und in einem Teilstück aus Rollsplitt bestehenden D 152, auf rund 1000 m Höhe hinauf.

Auf der kaum 2 m breiten D 152 zum Col de l´Asclier auf 1000 m

Dann ging es auf der ebenso schmalen D 20 wieder kurvenreich bergab nach Dame-de-la-Rouviere und den Col de la Triballe bis Sumene. Hier zweigte die - endlich wieder etwas breitere - D 11 ab und ich war ehrlich gesagt heilfroh, als wir nach diesem abenteuerlichen Pfad endlich die Einmündung auf die D 998 erreichten, die uns schon nach wenigen Kilometern wieder vor unserer Unterkunft ankommen ließ.

Nach der anspruchsvollen Tour, die da hinter uns lag, spendierte uns Sabine erst einmal einen Pastis, bevor wir unsere Motorräder in die Garage schoben.

Zum Abendessen, heute in einer konzertierten Aktion von Sabine und Uwe hergestellt, gab es gebratene Chalotten (oberlecker!) und Lauchpastete, danach Lammleber mit Zwiebel und Püree und zum Nachtisch einen originellen "Motorradfahrerkuchen".

Bei der abendlichen Rotweinrunde ließen wir noch einmal den Tag revuepassieren, bevor gegen 23 Uhr die Nacht über uns hereinbrach. Morgen würden uns Uwe und Sabine auf einer Tagestour begleiten!

Dienstag (05.05.2009)
Valleraugue / Cevennen
(HP => Reifenwechsel in Montpellier;
Hubi => Tagestour "Corniche de Cevennes")

Als ich am Dienstag früh mein Motorrad vom Hauptständer holte, um es aus der Garage zu fahren, fühlte sich meine Sitzposition irgendwie anders an als sonst. 'Komisch', dachte ich 'wieso ist denn plötzlich meine Sitzbank tiefer gestellt?' Als ich wieder abgestiegen war, sah ich die Bescherung: nicht die Sitzbank war verstellt, sondern der Hinterreifen war platt! Dabei war ich doch gestern abend mit noch heilem Reifen in die Garage gerollt... Uwe, der gleich zur Stelle war, diagnostizierte nach einer kurzen Untersuchung des Reifens schnell den Übeltäter des Plattfusses: eine Schraube! Diese mußte ich mir wohl irgendwo unterwegs in den Reifen gefahren haben; über Nacht war dann der Luftdruck langsam entwichen.

 

 

  BMW mit Reifenschraube

 

 

Während ich noch hin und her überlegte, was zu tun sei, verfiel "Schrauber Uwe" gleich in Aktivität. "Jetzt ruf´ ich erstmal die umliegenden Reifenhändler an, ob die Deinen Reifen vorrätig haben! Dann bau ich Dir das Rad aus und montiere Dir den neuen Reifen" - sprach´s und verschwand zum telefonieren! Leider hatten Uwes Bemühungen aber keinen Erfolg und so meldete ich das Malheur kurzerhand - meinem Schutzbrief sei Dank - telefonisch dem ADAC-Notruf in München. "Wir kümmern uns darum und rufen Sie gleich zurück!", sagte der Mann von den Gelben Engeln. Und weil wir dachten, dass der ADAC-Rückruf etwas auf sich warten lassen würde, starteten Uwe, Sabine und Hubert derweil zu einer Motorradtour in der näheren Umgebung, während ich das Telefon bewachte.

Die Motoren der Drei dürften noch nicht richtig warm gewesen sein, da meldete sich schon wieder der ADAC, diesmal aus Lyon, bei mir. Eine freundliche Dame teilte mir mit, dass man den benötigten Reifentyp bei einem Händler in Montpellier gefunden und für mich reserviert habe. Außerdem bot sie mir an, mein Motorrad per Abschleppdienst zu einer geeigneten Werkstatt transportieren zu lassen, damit dort der Reifenwechsel vorgenommen werden könne. Letzteres lehnte ich allerdings ab, da mir Uwe bereits angeboten hatte, mich mitsamt Hinterrad per Auto zum Reifenhändler zu fahren, um den Reifen dort zu montieren.

Nachdem Uwe zur Unterkunft zurückgekommen war (ich hatte ihn per SMS über den "Treffer" des ADAC informiert), starteten wir auf vier Rädern in das rund 70 km entfernte Montpellier. 3,5 Stunden später waren wir wieder in Valleraugue und das Hinterrad befand sich wieder an meiner BMW. An dieser Stelle nochmals ganz ausdrücklichen Dank an Dich, lieber Uwe, für diese so unkomplizierte und perfekte Hilfeleistung - gastfreundlicher geht´s nicht! Auch dem ADAC-Team muss natürlich gedankt werden, denn die haben echt super-schnell und zuverlässig ihren Job gemacht!

Zeitgleich mit unserer Rückkehr aus Montepellier kamen auch Sabine und Hubert von ihrer Ausfahrt zurück. Die Beiden waren nach Florac und rund um die Corniche des Cevennes getourt.

Bei unserem anschließenden Nachmittagsimbiss auf der Terrasse des "Grenouille" gab es dementsprechend viel Erzählstoff und ehe man sich versah, war schon wieder der Abend hereingebrochen. Es würde unser letzter Abend sein, denn unsere Planung sah vor, ab dem morgigen Mittwoch wieder in Richtung Nord-Ost aufzubrechen. Zunächst würden wir eine Stippvisite im Departement Drôme machen und schließlich über die Jura und entlang der französisch-schweizerischen Grenze wieder heimatlichen Kurs aufnehmen.

Hubert on Tour mit Sabine
Reifenmontage durch Uwe
Mittagsimbiss auf der Terrasse des "La Grenouille"

Kaum dass wir Pastete, Salat, knusprig-lecker gebratene Entenbrust, Couscous, Eis, Erdbeeren, Sahne, einige Krüge Rotwein, viel Erzählstoff und eine Mütze Schlaf hinter uns gebracht hatten, da war es auch schon Mittwoch und wir saßen wieder am Frühstückstisch des "Grenouille". Irgendwie verging die Zeit hier wie im Fluge...

Mittwoch (06.05.2009)
Cevennen --> Departement Drôme
(Valleraugue - Gorges de L´Ardeche - Saillans)

Als gegen 10 Uhr auch Kofferpacken und Verabschiedung hinter uns lagen, starteten wir gen Osten: die Ardeche-Schlucht war jetzt unser Etappenziel auf dem Weg ins Departement Drôme.

Bei ganz viel Sonne erreichten wir über Alès und Barjac gegen Mittag in Vallon-Pont-d’Arc den nördlichen Eingang des "Gorges de L'Ardeche", wie die von zahlreichen Touristen besuchte Schlucht des Flusses Ardèche zwischen Vallon-Pont-d’Arc und Saint-Martin-d’Ardèche genannt wird. Auf der hoch über der Schlucht verlaufenden Tourismusstraße mit ihren vielen Aussichtspunkten ließen wir uns viel Zeit. Immer wieder hielten wir an und genossen die atemberaubenden Aus- und Panoramablicke. Selbstverständlich durfte auch das obligatorische Foto mit dem imposanten Natursteinbogen des Pont d’Arc nicht fehlen.

In der Ardeche-Schlucht

Nach einer kurzen Einkehr in einem Café in Saint-Martin-d’Ardèche steuerten wir das etwas 20 km nördlich gelegene Pierelatte an und überquerten dort die Rhône, um anschließend weiter nordöstlich über Grignan, Dieulefit und Bourdeaux das Dörfchen Saillans, unser Tagesziel, zu erreichen. Dabei war insbesondere die Fahrt zwischen Dieulefit und Saillans (D 156) ein landschaftliches Highlight: Die zunächst nur leicht hügelige, von Weinbergen überzogene Gegend links und rechts der D 538, stieg nach Dieulefit stetig an, bis sich schließlich - nach Bourdeaux - die D 156 zum Col de la Chaudiere auf einer Höhe von 1042 m hinauf wandt. Anschließend ging es kurven- und aussichtsreich wieder hinunter ins Tal des Flusses Drôme, der dem Departement seinen Namen verlieh. Als unsere Etappe in Saillans endete, war es bereits 18.30 Uhr.

Anfahrt zum Col de la Chaudiere
Col de la Chaudiere
Ende der Tagesetappe: Saillans

Ein Nachtquartier fanden wir in dem kleinen, am Ortsrand gelegenen "Nouvel Hotel". Allerdings gab es dort keine Garage für unsere Motorräder: Die mußten wir (mit gemischten Gefühlen) in einer verwinkelten Gasse neben dem Hotel abstellen. Bei unserem kurzen Rundgang durch den Ort stellten wir dann auch noch fest, dass nahezu alle Lokale geschlossen hatten. Unseren knurrenden Mägen machte dabei inbesondere die verschlossene Pizzeria, unweit des Hotels zu schaffen machte. "Die haben Ruhetag!", sagte uns später der Wirt einer kleinen Eckkneipe. Glück im Unglück: Unweit jener Eckkneipe hatte ein reisender Pizzabäcker mit seinem fahrbaren Untersatz Station gemacht. Kurzerhand bestellten wir bei ihm zwei Pizzen "à emporter", also zum Mitnehmen! Mit unseren Pappschachteln durften wir uns dann in der Eckkneipe niederlassen und zum bestellten Bier legte uns der freundliche Wirt sogar unaufgefordert noch Pizza-Besteck auf den Tisch. Es war nett in der Eckkneipe! Das im Rahmen der Championsleague gerade auf Großbildleinwand übertragene Fußballspiel zwischen dem britischen FC Chelsea London und spanischen FC Barcelona interessierte uns nicht besonders. Wir verfolgten es eher beiläufig, unterbrochen von ein paar Flipperrunden und kleinen Plaudereien mit dem etwas deutsch sprechenden Wirt - dieser hatte seine Deutschkenntnisse im Rahmen eines Arbeitsaufenthaltes in der Schweiz erworben. Irgendwann gegen Mitternacht wackelten wir, nach einem unterhaltsamen Abend, in unser nur etwa 50 m entferntes Hotel..

  


Oben: Parkplatz vor dem Hotel

Links: "Nouvel Hotel" in Saillans

      

Die Thekenplätze sind die Besten - sagt man!
   

Donnerstag (07.05.2008)
Departement Drôme => Departement Savoie
(Parc Regional du Vercors - Combe Laval - Gorges de la Borne)

Das typisch französische Frühstück, bestehend aus einem Milchkaffee, Croissant, etwas Baguette, Butter und Marmelade, war Donnerstags morgens schnell erledigt und auch unsere Motorräder waren rasch wieder bepackt. Schon kurz nach 9 Uhr hatten wir wieder Asphalt unter den Rädern. Auf der D 93 fuhren wir das kurze Stück nach Die, auch genannt "Pforte zur Provence", um von dort steil nordwärts in den Parc Naturel Regional du Vercors, ein dünn besiedeltes und in sich geschlossenes Bergmassiv, einzubiegen. Dieses Stück Weg hatten wir uns absichtlich für den Beginn des Tages eingeteilt, damit wir die Fahrt ohne jeden Zeitdruck würden genießen können. Es ist eine phantastische Kulisse, durch die man dort fährt. Schon vor zwei Jahren, als ich erstmal dort unterwegs war, hatte mich diese Landschaft in ihren Bann gezogen und damals hatte ich es bedauert, dass unsere Zeit etwas knapp bemessen war. Das sollte diesesmal anders sein...

Hinter Die und dem kleinen Ort Chamaloc steigt die D 518 hoch hinauf zum Col de Rousset auf 1254 m. Die Höhe von 1000 - 1200 m behielten wir nun kilometerweit bei. Nach dem Col de Rousset zweigten wir nach links auf die D 76 ab und erreichten nach Passieren des Col de St-Alexis (1222 m) das inmitten einer Hochebene gelegene und von Gipfeln umgebene Vassieux-en-Vercors, ein Paradies für Skilangläufer, Wanderer, Kletterer und Gleitschirmflieger. Das idyllisch liegende Plateau war im Zweiten Weltkrieg bedingt durch seine versteckte Lage ein Zentrum der Resistance gegen die deutschen Besatzer. Der Ort Vassieux-en-Vercors selbst, war dabei im Juli 1944 Schauplatz einer massiven Vergeltungsaktion deutscher Fallschirmjäger, die in einem Massaker alle 72 Dorfbewohner ermordeten und das Dorf völlig zerstörten!

Auf dem Weg nach Die...
... weiter über den Col de Rousett (1254 m)
... nach Vassieux-en-Vercors

Als wir von Vassieux, weiter der D 76 folgend, den Col de Lachau (1337 m) hinauf fuhren, stoppten wir unterwegs noch einmal, um den phantastischen Blick nach Osten, auf die schneebedeckten und sonnenbeschienen Gipfel der Alpen zu werfen. Ein Postkartenpanorama!


Nachdem wir auch den Col de la Maschine (1011 m) passiert hatten, tat sich die mit Worten kaum zu beschreibende Szenerie der "Combe Laval" auf: Die Straße wurde schmal und führte direkt an der viele 100 m senkrecht abfallenden Kante des Berges entlang. Stellenweise bohrte sie sich in Tunnels durch den Fels, um gleich danach wieder hervorzutreten und unter Felsüberhängen und -bögen hindurch der Abbruchkante des Berges zu folgen. Hinter fast jeder Biegung gestaltete sich ein neues Panorama. Oft hielten wir dort, wo die Straße etwas breiter war oder Ausweichstellen vorhanden waren an, um Fotos zu machen oder einfach nur um den Blick steil hinunter zu genießen. Das muss man einmal gesehen oder besser noch gefahren haben (Video)!

   
   
                       
   

Nachdem wir St-Jean-en-Ryans erreicht hatten, hielten wir uns rechts und fuhren auf der D 54 in Richtung Pont-en-Ryans weiter. Von dort rollten wir mit Hauptziel Grenoble auf der D 531 in nordöstliche Richtung und durchquerten das nicht minder schöne "Gorges de la Borne", also das Tal des Flusses Borne.

Gorges de la Borne

Auch hier schlängelt sich die häufig kaum 3 Meter breite Straße am Berghang entlang und führt dabei, unter Felsüberhängen und -bögen hindurch. Über den bekannten Tourismusort Villard-de-Lans, in dem während der Olympischen Winterspiele 1968 die Wettbewerbe im Rennrodeln stattfanden, und Lans-en-Verors erreichten wir schon bald die Serpentinen der D531, die uns nach Grenoble brachten - natürlich nicht, ohne vorher anzuhalten und den grandiosen Blick über Grenoble und die dahinter liegenden Berggipfel zu genießen.

Grenoble, 17 Uhr, Feierabendverkehr... und wir mittendrin! Das muss man nicht haben... aber wir hattens... und eine unsägliche Hitze noch dazu! Das an einem Geschäft angebrachte Thermometer, an dem wir vorbei fuhren, zeigte 28 Grad an. Die wären ja noch erträglich gewesen, wenn wenigstens der Fahrtwind gekühlt hätte! Fahrtwind entsteht aber nicht, wenn man vor Ampeln oder an Straßenkreuzungen steht... Nachdem wir uns dann auch noch verfahren hatten und im Straßenwirrwarr den Weg über die Nationalstraße in Richtung Chambery verloren hatten, beschlossen wir, die nächste Autobahnauffahrt zu nehmen! Auf diese Weise würden wir zwar weniger Landschaft sehen, aber schneller aus Grenoble heraus und damit schneller voran kommen. Im Übrigen war die Zeit bereits fortgeschritten und wir wollten schon bald nach einem Hotel außerhalb der Stadt Ausschau halten.

Der Fahrtwind kühlte prächtig, als wir auf der A 41 nordwärts fuhren und es dauerte auch auch nicht lange, da hatten wir Chambery passiert und waren, noch ein Stück auf der N 504 fahrend, am Westufer des Lac Du Bourget, in der kleinen Ortschaft Bourdeau angekommen. Hier verliesen wir die Nationalstraße und folgten der kleinen D 914, die zunächst kurvig steil bergauf führte und dann oberhalb des Westufers des Lac du Bourget am Hang des Mont de la Charvaz entlang führte. Es war eine tolle Straße, die uns immer wieder auch tolle Ausblicke auf den See und die am Ostufer liegende Stadt Aix-les-Bains bescherte, allerdings war die Gegend derart einsam und verlassen, dass unsere Hoffnung, schon bald ein geeignetes Nachtquartier zu finden, nicht besonders hoch war.

Entlang des Mont de la Charvaz
Blick über den Lac du Bourget

Endlich: Kurz nach 18.30 Uhr sahen wir in einem 50-Seelen-Dorf ein Schild an einem Haus, das Gästezimmer anbot. Also, anhalten und fragen! Leider konnten wir hier aber nur in Erfahrung bringen, dass das Haus fast vollständig belegt sei und für uns nur noch das beste und deshalb über die Maßen teure Zimmer zur Verfügung stünde... Das wollten wir dann - angesichts des genannten Preises - lieber nicht und haben uns mit freundlichem Abschiedsgruss wieder müde und hungrig auf die Räder gemacht.

Keine halbe Stunde später wurden wir dann an der Nordspitze des Lac du Bourget fündig: Bei der Durchfahrt durch Chindrieux stießen wir auf auf das Hotel "Relais de Chautagne" und bezogen dort Quartier. Das einladende Haus hatte nicht nur vernünftige Zimmerpreise, sondern verfügte auch über eine vernünftige Bar, vernünftiges Bier und ein vernünftiges Restaurant mit vernünftigem Essen.

Es fehlte uns an nichts, im "Relais de Chautagne"

Selbstredend, dass wir all dass an diesem Abend ausgiebig genutzt haben. Dabei hat uns an unserem "letzten Abend on Tour" besonders das Essen geschmeckt und so wie wir zugeschlagen haben (siehe oben), hatten offensichtlich auch der (vorzügliche!) Koch und die Kellnerin Spaß an unserer Bewirtung.

Freitag (08.05.2009)
Departement Savoie => Departement Jura => Rückfahrt nach Deutschland
(Monts Jura - Vallée du Joux (CH) - Pontarlier)

Freitag - der letzte Tag und damit die letzte Etappe unserer Heimreise standen bevor. Als wir nach dem Frühstück unsere Motorräder aus der Hotelgarage holten, zogen draußen dunkle Wolken auf und es sah zunächst so aus, als würde es jeden Moment regnen. Schade, sollten wir ausgerechnet an unserem letzten Tag nochmal naß werden?

Auf der D 991 fuhren wir nordwärts in Richtung Genfer See und als wir nach rund 50 Kilomentern in Bellegarde-sur-Valserine einer kleinen Stadt südöstlich von Geneve (Genf), angekommen waren, hatten sich die dunklen Wolken nach Westen verzogen und der Himmel war wieder hell. Optimale Bedingungen, um auf der Departementstraße zu verbleiben und auf ihr in die rund 1700 m hohen "Monts Jura" (Juraberge) hinaufzufahren und auf unserer Heimreise auch die Schönheiten dieser Gegend einzubauen. Kühl war es dort oben, aber inzwischen war wenigstens die Sonne wieder da und leuchtete unseren Weg aus. Runde 60 Kilometer später waren wir in Mijoux angekommen und setzten dort unsere Reise auf der N936 bis Les Rousses fort.

Einfahrt in die "Monts Jura"
Wie geht´s denn weiter?
Schnee in der Jura

Jetzt bewegten wir uns hart an der französisch-schweizerischen Grenze. Von Les Rousses folgten wir der kerzengerade verlaufenden D 415, durchfuhren das lang gezogene Örtchen Bois d´Amont und überquerten unmittelbar hinter diesem die Grenze zum Schweizer Kanton Waadt.

   

Grenzübergang zum
schweizer
Kanton Waadt

Durch das Vallée de Joux, vorbei am Nordufer des Lac du Joux, erreichten wir um die Mittagszeit das schweizerische Vallorbe, unmittelbar an der französischen Grenze. Gleich nach der Grenze, legten wir in Frankreich erst einmal am Wegesrand unsere Mittagspause ein. Die Topcases unserer BMWs beherbergten noch Wurst und Käse und schon vor einigen Kilometern, in Bois d´Amont, hatten wir uns ein dazu passendes Baguette besorgt.

Picknickplatz
Mahlzeit!

Gesättigt und zufrieden traten wir die Weiterfahrt an und steuerten auf die Stadt Pontarlier im Departement Doubs zu. Inzwischen war es früher Nachmittag und wir wollten nun etwas zügiger vorankommen. Daher beschlossen wir, ab Pontarlier über die Nationalstraßen 57 und 50 auf direktem Weg nach Baume-les-Dames zu fahren, und ab dort unsere Heimreise auf der Autobahn 36 in Richtung Mühlhausen fortzusetzen. Während wir uns kurz vor der Autobahnauffahrt in einer kleinen Bar in Baumes-les-Dames noch einen schnellen Kaffee gönnten, zogen rabenschwarze Wolken über uns hinweg und draußen fielen ein paar Regentropfen auf unsere BMWs. Der Spuk war aber schnell vorbei, denn schon als wir Minuten später wieder unsere "Mopeds" bestiegen, war zwar der Himmel noch grau, aber es regnete nicht mehr und auch der Asphalt war noch ziemlich trocken.

Wir verließen die Autobahn wieder bei Belfort und wechselten dort auf die N 83, auf der wir über Colmar nach Straßburg fuhren. Hier, zwischen Colmar und Straßburg, gab es dann auch den ersten, wirklich nennenswerten Regen unserer ganzen Motorradwoche. Während wir auf Straßburg zufuhren, zuckten Blitze aus dem inzwischen rabenschwarzen Himmel und als vereinzelt dicke Tropfen mein Visier erreicht hatten, hielt ich an und zog mir vorsichtshalber meine Regensachen über. "Man muß kein Hellseher sein, um zu wissen, dass wir in Kürze geduscht werden!", sagte ich zu Hubert, der lieber "standhaft" bleiben und die Fahrt ohne Regenschutz fortsetzen wollte. Ein "Du Weichei!", hörte ich ihn noch in meine Richtung rufen, als wir unsere Maschinen wieder in Bewegung setzten ;-)

Es dauerte keine 10 Minuten, das öffnete der Himmel seine Schleusen! Wahnsinn, was da für ein Wasser herunter kam: Die Straße war in kürzester Zeit überschwemmt und man konnte nur sehr langsam fahren, um überhaupt noch deren Verlauf zu erkennen. Unser motorisierter Tauchgang dauerte schätzungsweise gerade einmal 10 Minuten. Kurz vor der Stadtgrenze von Straßburg riß der Regen genauso plötzlich wieder ab, wie er angefangen hatte. Sogar die Straßen waren dort wieder völlig trocken. Übrigens war auch das "Weichei" noch trocken - ganz im Gegensatz zu Hubert: Der stand triefend vor mir! Zwar hatte seine Motorradjacke einigermaßen dicht gehalten, aber über den Kragen und Hosenbund hatte sich das Wasser dann doch erfolgreich seinen Weg gebahnt. Na ja, der Fahrtwind würde alles wieder trocknen...

   Trocken, aber müde...

In Straßburg wechselten wir dann wieder auf die Autobahn 35 und im Verlauf unserer Fahrt in Richtung Deutschland riss der Himmel zusehends auf, so dass wir den Grenzübergang Lauterburg schon wieder bei strahlendem Sonnenschein passierten. Nach einem kurzen Tankstopp im pfälzischen Kandel fuhren wir auf die A 65 und bevor wir uns zur individuellen Heimfahrt voneinander trennten, legten wir nochmal einen "Verabschiedungsstopp" auf der Autobahnraststätte "Pfälzer Weinstraße" ein. 2636 Motorradkilometer lagen da hinter mir. Hubert hatte sogar noch rund 200 km mehr auf dem Tacho, da er ja an dem Tag meiner Reifenpanne (5.5.) eine Tagestour gefahren hatte!

2636 gefahrene Kilometer (HPK) seit dem Start am 1.5.

"Es war eine supertolle Woche, die wie im Fluge verging", meinte ich zu dem inzwischen wieder vollständig getrockneten Hubert. Der stimmte dem ohne Einschränkungen zu: "Sehr schade, dass die schöne Tour schon vorbei ist!", und hatte die Idee vielleicht im August oder September (dann hoffentlich mit unserem Freund Ralf) nochmal eine kurze Tour in die französisch-schweizerischen Alpen zu fahren. Wäre schön, wenn das klappen würde - ich wär´ wieder dabei!

HPK


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